Kapitel 4
Morgenlicht drang durch einen Spalt in den schweren Vorhängen und warf einen Lichtstrahl auf den Boden.
Caroline saß erschöpft am Rand des Bettes, ihre Finger strichen sanft über den Bildschirm des Telefons, auf dem Altons Nummer angezeigt wurde. Sie hatte lange gezögert.
Das Abendessen von letzter Nacht war ihr noch lebhaft in Erinnerung. Wie töricht sie gewesen war, ihre stolze Karriere für ihren Ehemann aufzugeben.
Caroline fragte sich, ob sie mehr Respekt geerntet hätte, wenn sie damals diese Chance nicht aufgegeben hätte.
Endlich drückte sie den Anrufknopf. Sie war fertig mit dem Zögern.
„Hallo, Alton.“ Ihre Stimme trug einen Hauch von Heiserkeit und eine fast unmerkliche Schwäche.
„Caroline?“ Altons sanfte Stimme drang durch das Telefon. „Hast du dich entschieden? Nimmst du mein Angebot an?“
Caroline holte tief Luft und versuchte, ihre Stimme normal klingen zu lassen. „Ja. Es ist nur... meine Hände sind nicht mehr so geschickt wie früher. Ich bin mir nicht sicher, ob ich einige der präziseren Experimente bewältigen kann.“
„Es ist nur eine akademische Konferenz, du musst nicht so nervös sein. Außerdem wird jeder nach so langer Abwesenheit aus dem Feld etwas eingerostet sein.“
Altons beruhigender Ton stärkte Carolines Selbstvertrauen und brachte sie zum leisen Lachen. „Dann werde ich nächsten Monat auf deine Hilfe zählen.“
Alton bemerkte sofort etwas Ungewöhnliches in ihrer Stimme. „Das ist kein Problem, aber geht es dir gut? Du klingst schwach.“
In Gedanken an ihren Krebs konnte Caroline nur ein leichtes Lachen erzwingen. „Mir geht es gut, ich habe letzte Nacht nur nicht gut geschlafen. Mach dir keine Sorgen, ich schaffe das.“
Nachdem sie aufgelegt hatte, lehnte sich Caroline langsam gegen das Kopfteil des Bettes, während die Farbe allmählich aus ihrem Gesicht wich.
Endlich war Isaacs Geburtstag gekommen. Caroline kleidete sich elegant und machte sich auf den Weg zum Windsor Anwesen.
Als sie den Ballsaal betrat, war sie einen Moment lang überwältigt von dem Anblick vor ihr.
Kristalllüster funkelten brillant und erhellten den großen Saal wie Tageslicht.
Der Raum war gefüllt mit der Elite und den einflussreichen Persönlichkeiten von Sovereign City. Die gesamte Atmosphäre war durchdrungen vom Duft des Geldes und der Macht – etwas, das Caroline nach sieben Jahren, in denen sie sich ausschließlich auf das Familienleben konzentriert hatte, völlig fremd war.
Bald darauf näherten sich Arthur mit Layla und Logan.
„Mama“, rief Layla süß, machte jedoch keine Anstalten, näher zu kommen.
„Großvater muss es dir gesagt haben“, sagte Arthur, sein Blick auf Caroline war deutlich kalt.
Caroline erwartete nichts mehr, sie hoffte nur, dass der Abend reibungslos verlaufen würde. Isaac, der Caroline für gebildet und gesellschaftsfähig hielt, hatte sie gebeten, an Arthurs Seite als seine Frau zu bleiben.
Caroline zwang sich zu einem Lächeln und zögerte einen Moment, bevor sie Arthurs Arm ergriff.
Gerade als sie die Mitte des Saals erreichten, trat Heidi in einem eleganten weißen Abendkleid ein.
„Frau White!“ Die hellen Stimmen der Kinder ertönten, als Layla und Logan aufgeregt auf Heidi zuliefen wie zwei glückliche Vögel.
Als Caroline das sah, konnte sie sich ein bitteres Lachen nicht verkneifen.
Heidi lächelte, kniete sich hin, um die Kinder zu umarmen. Sie sah zu Caroline auf und schenkte ihr ein höfliches Lächeln. „Was für ein Zufall, Caroline ist auch hier.“
Sie stand auf und ihr Blick schweifte über die verwirrten Anwesenden. „Wenn man darüber nachdenkt, sind Caroline und ich praktisch Schwestern.“
Alle sahen überrascht aus und murmelten untereinander.
Heidi fuhr fort: „Ich glaube, Carolines Mutter hat in meiner Familie wieder geheiratet, als wir jung waren. Also sind wir praktisch Familie, auch wenn Caroline mir nie nahe stand. Ich frage mich, ob es daran liegt, dass sie mich nicht mag.“
Ihre leicht gefurchte Stirn vermittelte eine unmissverständliche Implikation.
Der Raum füllte sich sofort mit Geflüster, viele Leute sahen Caroline nun mit Verachtung und Missbilligung an.
„So ist das also. Kein Wunder, dass sie so unterschiedlich wirken.“
„Genau. Frau White kommt eindeutig aus gutem Hause.“
„Ich habe gehört, dass Frau White kürzlich mit Herrn Windsor auf eine Geschäftsreise gegangen ist und einen großen Deal abgeschlossen hat. Sie ist so erfolgreich für ihr Alter.“
Alle stimmten zu, lobten Heidi ununterbrochen und stießen auf sie an.
Als Heidi gerade ihr Glas heben wollte, griff Arthur ein. „Sie kann nicht trinken. Ich trinke für sie.“ Damit nahm er das Glas und leerte es in einem Zug.
Die Menge wandte sich dann Caroline zu, die neben Arthur stand. Jemand trat mit einem Glas an sie heran. „Frau Hamilton, als Frau von Herrn Windsor stoßen Sie doch sicher mit uns an?“
Caroline konnte noch nie gut mit Alkohol umgehen, aber angesichts der erwartungsvollen Blicke um sie herum wusste sie, dass sie nicht ablehnen konnte.
Sie hob das Glas und nahm einen kleinen Schluck. Die brennende Flüssigkeit löste sofort eine Welle der Übelkeit aus und verstärkte den Schmerz in ihrem Bauch.
Da sprach Arthur. „Wenn du nicht trinken kannst, dann lass es. Bring die Kinder nach Hause und ruh dich aus.“
Heidi bemerkte neckisch: „Herr Windsor, Sie kümmern sich wirklich um Ihre Frau.“
Arthur sah Caroline nicht an und sagte nur trocken: „Die Interessen der Windsor-Gruppe sind komplex und nichts, was eine Hausfrau bewältigen kann. Sie ist besser zu Hause aufgehoben, um sich um die Kinder zu kümmern.“
Seine Worte trafen Caroline wie ein Nadelstich ins Herz. Sie ballte die Faust, die Nägel gruben sich in ihre Handfläche.
„Arthur, ist das die Art, wie ein Windsor-Sohn spricht?“ Isaac war irgendwie am Eingang des Ballsaals angekommen.
In seinem Rollstuhl sitzend, sprach er streng: „Caroline hat die Kinder wunderbar großgezogen, was ihre Fähigkeiten zeigt. Es gibt keinen Grund zu denken, dass sie keine Firmenangelegenheiten bewältigen könnte.“
Arthur öffnete den Mund, um zu sprechen, wurde aber durch einen Blick von Isaac zum Schweigen gebracht.
Als der Ehrengast eintraf, erhoben alle ihre Gläser und bewegten sich zum Eingang.
„Herr Isaac Windsor, mögen Sie ein langes Leben genießen!“
„Herr Isaac Windsor, Sie sehen heute großartig aus. Wir müssen auf Sie anstoßen!“
Mitten im Klirren der Gläser drehte sich Heidi leicht und manövrierte sich mit einem Getränk in der Hand neben Arthur. Irgendwie stolperte sie, und der rote Wein durchtränkte sofort sein weißes Hemd.
„Es tut mir so leid!“ Sie zog hastig ein Taschentuch heraus, um es abzuwischen, aber Arthur schob sanft ihr Handgelenk weg.
„Es ist in Ordnung.“
„Lassen Sie mich Sie begleiten, um ein Ersatzhemd zu holen. Ich weiß, wo die Garderobe ist.“ Ihr Seitenblick streifte triumphierend Caroline, die nicht einmal die Augen hob.
Caroline wollte sich wirklich nicht mit diesen kleinen Spielchen abgeben.
„Warte.“ Isaac drehte langsam seinen Rollstuhl. „Ist nicht Arthurs Frau hier? Warum sollte ein Außenstehender solche Besorgungen machen?“
Er nickte Caroline zu. „Caroline, geh mit Arthur und hilf ihm beim Umziehen.“
Das Lächeln auf Heidis Gesicht erstarrte, ihre Knöchel wurden weiß, als sie ihr Taschentuch umklammerte.
Caroline seufzte und erhob sich, um Arthur zu folgen.
Die Luft in der Suite fühlte sich eisig an. Er knöpfte seine Jacke auf und warf sie achtlos auf das Sofa. „Du kannst gehen. Ich brauche deine Hilfe nicht.“
Caroline wusste, dass Arthur sie nicht mochte, ja sogar ihre Nähe verabscheute. Wenn Isaac nicht darauf bestanden hätte, wäre sie überhaupt nicht gekommen.
Als sie in den Ballsaal zurückkehrten, klopfte Isaac Caroline auf die Hand. „Caroline, schieb mich dorthin, damit ich einen Blick darauf werfen kann.“
Das Geräusch des Rollstuhls, der über den Teppich rollte, war leise. Caroline sah Arthur und Heidi in der Ferne fröhlich plaudern, die Worte der Scheidung lagen ihr fast auf den Lippen.
„Layla und Logan sagten gestern, sie wollten mir eine Rückenmassage geben“, sagte Isaac plötzlich. „Diese beiden Kinder sind gut von dir erzogen worden – viel rücksichtsvoller als Arthur in ihrem Alter.“
Caroline lächelte leicht. Dann hörte sie Isaac fragen: „Du warst kürzlich in der Hamilton-Villa. Ist etwas passiert?“
Ihr Griff um die Rollstuhlgriffe verstärkte sich, und sie schüttelte sanft den Kopf. „Nichts, ich war nur zu Besuch.“
Caroline seufzte resigniert. Isaac war immer gut zu ihr gewesen. Die Scheidungsdiskussion konnte bis zu einem anderen Tag warten.

























































































