Kapitel 2

SELENE

Die Tür schwang auf und eine Frau schritt herein. Mit ihrem maßgeschneiderten Anzug und ihrer steifen Haltung wirkte sie eher wie eine Geschäftsfrau als eine Kerkermeisterin.

Sie war eine große Blondine mit scharfen, prüfenden Augen und umkreiste mich wie ein Raubtier, das seine Beute inspiziert. Sie schürzte die Lippen und hob mit kalten Fingern mein Kinn an.

„Hmm … du wirst einen hohen Preis erzielen, wenn ich deine wahre Schönheit zum Vorschein bringen kann. Und das bedeutet eine größere Provision für mich.“

Das Miststück. Sie gab mir das Gefühl, ein verdammter Ausstellungshund zu sein, der für einen Wettbewerb vorbereitet wird.

„Aber zuerst“, fuhr sie fort und rümpfte die Nase, „brauchst du eine ordentliche Reinigung. Die unersättlichen Vampire würden niemals auf etwas bieten, das stinkt.“

Vampire?

Mein Herz setzte einen Schlag aus. Das musste eine Metapher sein. Eine verdrehte Art, die kranken Bastarde zu beschreiben, die darauf warteten, mich zu kaufen.

Ja … das musste es sein.

Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, wurde ich aus dem Raum gezerrt, entkleidet und in eiskaltes Wasser getaucht. Meine Haut brannte vom groben Schrubben, meine Zähne klapperten, während sie mich wuschen, als wäre ich nichts weiter als Vieh. Als sie fertig war, zwang sie mich in etwas, das kaum als Kleidung durchging – ein durchsichtiger Stofffetzen, der sich auf die denkbar unangenehmste Weise an mich schmiegte.

Zitternd und gedemütigt stand ich da, während die Wut unter der Oberfläche brodelte.

Ich wusste nicht wie und ich wusste nicht wann, aber eines war sicher – ich musste hier rausfinden. Und zwar schnell.

Ich habe versagt.

Ich wagte einen Fluchtversuch, Adrenalin schoss durch meine Adern, aber ich kam kaum fünf Schritte weit, bevor mich eine riesige Wache von hinten packte. Sein Griff war wie Eisen, und bevor ich mich überhaupt wehren konnte, riss er mich vom Boden hoch und schleifte mich zurück in den Raum, während meine Füße nutzlos über den Boden schliffen.

Ich bin in der Hölle.

Mein Rachen brennt, rau und stechend, als hätte ich Glasscherben geschluckt und sie mit Säure hinuntergespült.

Die Luft ist feucht, dick vom Geruch des Verfalls und etwas Metallischem – Blut. Meine Arme fühlen sich an wie Blei, jeder Muskel schmerzt, als ich versuche, mich aufzurichten.

Ich bin unter einem Dutzend anderer, unsere Handgelenke in dicken Eisenfesseln gefangen, das Metall schneidet in die rohe Haut. Eine Kette verband uns alle, zwang uns, vorwärtszuschlurfen, während sich die Reihe bewegte. Mein Herz hämmerte gegen meine Rippen, aber ich weigerte mich, die Angst zu zeigen. Um mich herum wimmerten andere, einige schluchzten leise, aber ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange, um nicht zu zittern.

Diese Genugtuung würde ich ihnen nicht geben.

Die Plattform ragte vor uns auf wie ein Galgen. Einer nach dem anderen wurden wir auf die Holzbühne gestoßen, zur Schau gestellt unter dem Fackelschein. Die Luft war zu warm, zu stickig, und doch fror ich bis auf die Knochen.

Ein Mann neben mir – hager, kaum mehr als Haut und Knochen – wurde als Erster auf die Plattform gezerrt. Seine Beine knickten ein und er brach zusammen, nur um am Kragen wieder hochgerissen zu werden. Seine Lippen bewegten sich und formten stumme Bitten, die niemand hören würde.

Der Auktionator packte seinen Kiefer und zwang seinen Kopf zurück.

„Gesundes Blut“, verkündete er und drehte das Gesicht des Mannes, damit alle es sehen konnten. „Keine Krankheit. Starker Körper.“

Stark? Er sah aus, als hätte er seit Wochen nichts gegessen.

„Startgebot: zweihundert Dollar.“

Eine Stimme erhob sich aus den Schatten und erhöhte auf dreißig.

Eine andere rief vierzig.

Die Zahlen stiegen, zu schnell, und innerhalb von Sekunden besiegelte ein letztes Gebot sein Schicksal. Der Hammer fiel, und er wurde weggeschleift, sein Mund in stummem Entsetzen geöffnet.

Ich schluckte gegen den Kloß, der sich in meinem Hals bildete. Ich hatte schon gesehen, wie Menschen mitgenommen wurden, aber noch nie hatte ich unter ihnen gestanden und auf meinen Zug gewartet.

„Nächste“, rief der Auktionator.

Ich hatte kaum Zeit, Luft zu holen, bevor Hände meine Arme packten und mich nach vorne stießen. Meine nackten Füße scharrten über die Holzplanken, als ich auf den Auktionsblock stolperte. Ich hob den Kopf und reckte mein Kinn, selbst als ich ihre Blicke auf mir spürte.

Der Griff des Auktionators umklammerte mein Kinn und neigte mein Gesicht zum Fackelschein.

„Ah“, murmelte er, seine Augen funkelten dunkel. „Das hier ist eine Seltenheit.“

Ich weigerte mich zu blinzeln. Weigerte mich, ihn die Angst sehen zu lassen, die an meinem Inneren nagte.

„Ungebrochen. Willensstark.“ Er drehte mein Gesicht leicht, seine Finger drückten fest gegen meinen Kiefer. „Ich kann es in ihren Augen sehen – sie wehrt sich.“

Die Menge kicherte, leise und amüsiert.

„Die zu brechen, macht immer am meisten Spaß“, fügte er hinzu und drückte gerade so fest zu, dass mein Kiefer schmerzte.

Ich ballte meine Fäuste. Meine Nägel gruben sich in meine Handflächen und gaben mir Halt. Wut stieg auf, dick und erstickend, und drängte gegen die Angst.

Ich würde lieber sterben, als mich von ihnen brechen zu lassen.

Ich betrat die Bühne, und das kalte, grelle Scheinwerferlicht blendete mich für einen Moment. Der Auktionator, ein schmächtiger Mann mit ergrauendem Haar, wirkte eher wie der gütige Großvater von nebenan als jemand, der im Herzen des Vampirterritoriums Blutauktionen leitete. Aber hier waren wir nun mal. Sein Lächeln erreichte seine Augen nicht; es war die Art von Lächeln, die nur den Wert im Fleisch und Blut anderer sah.

Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Über zwanzig Männer saßen auf Stühlen, ihre Augen auf mich gerichtet wie Geier, die ihre Beute umkreisen.

Drei von ihnen hatten Frauen an ihrer Seite, deren Gesichtsausdruck leer war, als hätten sie das alles schon einmal durchgemacht.

Ein Mann hatte einen jungen Mann bei sich, und beide starrten mich mit der gleichen kalten Distanz an. Sie alle beobachteten mich, warteten.

Die Bühne drehte sich langsam unter mir und präsentierte mich wie Vieh auf dem Markt. Ich redete mir ein, dass es mir egal sein sollte, aber ich konnte nicht anders.

„Zweiundzwanzig Jahre alt“, verkündete der Auktionator und tippte mit seinen dünnen Fingern auf sein Tablet.

„Gesund, keine bekannten Vorerkrankungen. Blutgruppe AB-negativ …“ Er hielt inne, sein Blick wanderte zu dem Raum voller Vampire, und ein leises Raunen ging durch die Menge.

Einige von ihnen leckten sich die Lippen, ihre Reißzähne blitzten im schummrigen Licht auf, während andere Blicke tauschten, ihre Augen dunkel vor Hunger.

„Köstlich“, murmelte einer von ihnen, seine Stimme ein heiseres Flüstern kaum unterdrückten Verlangens. Seine Finger zuckten an seinen Seiten, seine Pupillen weiteten sich, als er tief einatmete und den Duft frischer Beute genoss.

In der Nähe kicherte ein anderer Vampir, sein Lächeln scharf und raubtierhaft.

„AB-negativ“, fuhr der Auktionator fort, als würde er ihre Aufregung noch anheizen.

„Eine seltene und äußerst begehrte Blutgruppe. Die perfekte Balance aus Süße und Potenz.“

Ich schluckte schwer, das Gewicht ihrer Blicke lastete auf mir. Alles, was ich tun konnte, war dazustehen und zu versuchen, das überwältigende Gefühl zu ignorieren, in ihren Augen nichts weiter als eine Trophäe zu sein.

„Beginnen wir das Gebot bei fünfzigtausend“, verkündete der Auktionator.

Sofort rief eine Stimme aus der Menge:

„Siebzig.“

„Achtzig“, antwortete eine andere.

Die Zahlen stiegen schnell, das Murmeln wurde lauter.

„Eine Million“, ertönte eine gedehnte Stimme aus der Dunkelheit.

Der gesamte Raum verstummte.

Sogar der Auktionator zögerte, seine Finger zuckten an meinem Kinn, bevor er es schnell wieder losließ.

Eine Million Dollar war obszön. Zu viel für ein einfaches menschliches Haustier. Zu viel für einen Körper, den man einfach nur leersaugen wollte.

Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen – seine Züge wurden von der Dunkelheit verschluckt, die an ihm haftete wie eine zweite Haut.

Mein Puls beschleunigte sich, als ich beobachtete, wie er sich von seinem Platz erhob, eine subtile Veränderung in seiner Haltung, die die Luft um ihn herum schwerer werden ließ. Für einen flüchtigen Moment dachte ich, er würde sich umdrehen und weggehen, in den Schatten verschwinden, aus denen er gekommen war.

Und dann fiel das Licht auf sein Gesicht und enthüllte ihn vollständig. Mir stockte der Atem, mein Puls ein wilder Trommelschlag gegen meine Rippen, der mich verriet. Er war ohne Frage der umwerfendste Mann, den ich je gesehen hatte – dunkel, gebieterisch, tödlich in seiner Schönheit. Ein Raubtier in der Gestalt eines Gottes.

Macht umgab ihn wie eine zweite Haut, aber es war sein Blick, der mich wirklich fesselte und mich mit einer Intensität an Ort und Stelle hielt, die ich nicht begreifen konnte.

Ich schluckte schwer, während sich die Furcht wie ein lebendiges Wesen in meinem Magen zusammenzog. Das hier war nicht einfach nur die Hölle.

Ich war die Opfergabe. Und er war der Henker.

Es lag etwas in der Art, wie er mich ansah – nein, durch mich hindurchsah –, das meine Haut erhitzte, als könnte sein Blick in mich hineingreifen und Teile von mir berühren, von deren Existenz ich nicht einmal gewusst hatte.

Seine Augen folgten jeder meiner Konturen, als würde er mich vermessen, kalkulieren, entscheiden. Ich fühlte mich auf eine unbeschreibliche Weise entblößt, jeder Teil von mir offengelegt.

„Eine Million“, sagte er, seine Stimme tief und befehlend. „In bar.“

Bildete ich es mir nur ein, oder war der gesamte Raum still geworden?

Es war, als ob die Zeit stehen geblieben wäre, die Welt um mich herum erstarrte. Ich konnte nicht atmen. Ich konnte mich nicht bewegen. Alles, was ich tun konnte, war ihn anzustarren – diesen Fremden, der gerade ein Gebot abgegeben hatte, das alles erschütterte, was ich zu verstehen glaubte. Eine Million.

Eine Million für mich.

Niemand wagte es, ihn zu überbieten.

Und doch gab es keine Erleichterung, kein Gefühl der Rettung. Nur ein seltsames, erstickendes Gewicht, das auf mir lastete.

Die Schwere der Stimme des Bieters legte sich über den Raum, erfüllt von Autorität.

„Einverstanden.“

Der Klang des Wortes schien durch den Raum zu hallen, und alles andere verschwamm.

Der Hammer fiel. „Verkauft.“

Mein Magen wurde zu Eis.

Ich hatte keine Ahnung, wer mich gerade gekauft hatte.

Aber nach der Furcht zu urteilen, die in der Stille nachklang, wusste ich eines:

Ich war von einem Monster gekauft worden, das schlimmer war als alle anderen hier.

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