Kapitel 3

Noah

Ich verließ Coach Mercers Büro mit einem schwirrenden Kopf.

Wütend? Vielleicht.

Verwirrt? Definitiv.

Was zur Hölle hatte ich gerade getan?

Dieser kleine Seitenhieb – „Ich dachte, du könntest mit mir umgehen“ – sollte meine dumme Theorie testen, dass er vielleicht der Dungeon Master war, mit dem ich zuvor gesprochen hatte. Eine peinliche und sehr riskante Art, die hätte böse enden können...

Aber es kam nichts dabei heraus. Er schien genauso überrascht zu sein wie ich, und am Ende zitterte ich praktisch unter seinem Blick wie ein unerfahrener Schuljunge, der sich nicht behaupten konnte. Ich meine, es war schon schlimm genug, dass ich mich während des Trainings überhaupt nicht konzentrieren konnte, aber das? Das war ein neues Level von Dummheit, selbst für mich.

Und dann, wie er zurückgebellt hat – sich über mich aufbaute, mich umkreiste wie ein verdammter Raubtier...

Sir.

Er sagte, ich solle ihn Sir nennen.

Nicht uns. Nicht das Team. Nur mich.

Was zum Teufel war das?

Ich versuchte, es abzuschütteln, sagte mir selbst, dass ich nur durcheinander war. Müde. Aus dem Spiel.

Aber es waren nicht nur die Worte – es war, wie er sie gesagt hatte. Dieselbe ruhige Autorität. Dieselbe langsame, beängstigende Kontrolle.

Lächerlich. Ich interpretierte etwas hinein, wo nichts war. Machte mich wieder einmal zum Narren.

Trotzdem... die Hitze in meiner Brust wollte nicht verschwinden, egal wer er wirklich war.

War es Adrenalin?

Oder etwas Krankeres?

Denn tief in mir wollte ein Teil von mir, dass er wie dieser Mann war – wollte, dass er mich kontrollierte und mich so klein fühlen ließ. Erschüttert. Aufgelöst.

Erregt.

Warte – was zum Teufel?

Erregt?

Ich war nicht schwul. Das war nie eine Frage gewesen.

Es sei denn...

Es sei denn, ich war nur ein kaputter Masochist, und so verdrahtete sich meine Dysfunktion. Verlangen nach Kontrolle. Gehorsam. Bestrafung.

Denn das würde irgendwie Sinn machen. Wenn ich die Augen zusammenkniff und mir genug psychologische Schlupflöcher gab, um hindurchzukriechen.

Diese ganze Situation hatte mich in eine Schleife geworfen. Eine Schleife, in der ich immer noch gefangen war, als mein Handy summte.

Ich schnappte es mir.

Heilige Scheiße, es war von meiner ObeyNet-App. Meine Brust verkrampfte sich.

Mr. A: „Morgen wirst du einen Weg finden, Gehorsam im echten Leben zu demonstrieren. Keine Verhandlung. Keine Verzögerung.“

Die Welt blieb stehen.

Ich las die Nachricht noch einmal.

Im echten Leben.

Mein Mund wurde trocken.

Nein. Nein, nein, nein.

Ich setzte mich auf die Bettkante, das Handy in der Hand, das Herz in der Kehle.

Meinte er das ernst?

War das nur ein Zufall? Irgendein Typ im Internet, der wie immer Kontrolle ausübte?

Oder...

Wusste er etwas?

Ich dachte an Coach Mercers Stimme – tief, schneidend. Wie er „Sir“ gesagt hatte. Wie er mich angesehen hatte, als gehörte ich ihm bereits.

Meine Finger zuckten.

Ich ließ das Handy fallen, als wäre es Gift.

Es vibrierte erneut.

Coach Mercer:

„Du wirst morgen mit mir nach Genf fliegen. Packe für ein paar Tage. Du wirst als Trainingsassistent gelistet. Sei um 6 Uhr morgens draußen.“

Ich erstarrte.

Genf?

Trainingsassistent?

Ich starrte so lange auf die Nachricht, bis der Bildschirm sich abdunkelte. Mein Puls hämmerte gegen meine Rippen.

Zwei Nachrichten. Zwei Stimmen. Derselbe Ton.

Gott helfe mir...

War er Mr. A?

Meine Hände zitterten, als ich meine Antwort eintippte.

ICH:

„Genf, als in… Schweiz??“

Coach Mercer:

„Ich bin froh, dass du deine Geografie kennst.“

ICH:

„Warum ich?“

Coach Mercer:

„Einer unserer erfahrenen Spieler hat sich während des Trainings im internationalen Zentrum verletzt. Ich fliege hin, um die Situation zu beurteilen. Ich brauche Unterstützung, und du brauchst Überwachung. Sei nicht zu spät.“

Mein Herz raste immer noch mit 200 Meilen pro Stunde, als ich endlich meinen Kopf auf das Kissen legte. Ich schloss die Augen, nur um von Bildern von Coach in den Schlaf gewiegt zu werden – aber in meinen Träumen trug er Handschuhe und einen Anzug, einen Ledergürtel um seine Hand gewickelt...


Der Wecker riss mich um 5:30 Uhr aus dem Schlaf, und für einen Moment wusste ich nicht, wo ich war. Nur, dass ich erschöpft, heiß und bereits spät dran war.

Ich stolperte unter die Dusche und stand länger unter dem Wasser, als ich sollte, in der Hoffnung, dass es den Nebel in meinem Kopf und die Hitze in meiner Brust vertreiben würde.

Als ich endlich angezogen und bereit war, raste mein Puls immer noch.

Etwas war im Gange. Ich wusste nur nicht, was.

Als ich nach draußen trat, war die Sonne kaum aufgegangen, die Luft war scharf genug, um zu schneiden. Ein schwarzes Auto stand an der Bordsteinkante.

„Steig ein“, sagte der Fahrer. „Der Coach wartet auf dem Flugplatz.“

Ich stellte keine Fragen. Ich stieg einfach ein, mein Magen zog sich zusammen. Die Worte du wirst im echten Leben Gehorsam zeigen hallten in meinem Kopf wider.

Als wir in das Privatjet einstiegen, war mein Unterhemd durchgeschwitzt. Er saß am Fenster, die Beine übereinandergeschlagen, die Ärmel hochgekrempelt, die Brille auf, wie ein CEO auf einem Magazin-Cover. Als er zu mir aufsah, fühlte ich eine Kältefront auf meine Brust treffen.

„Setz dich.“

Ich setzte mich.

„Wir müssen eine Stellungnahme zu dem Vorfall veröffentlichen. Du wirst sie schreiben. Entwirf einen ersten Entwurf vor dem Abflug.“

Er schob mir einen Laptop zu – dann eine ausgedruckte E-Mail. „Alle Details stehen da drin. Halte es kurz.“

Kein Druck.

Ich warf einen Blick auf die Zusammenfassung. Bänderriss. Veteranenspieler. Saison vorbei. Die Worte verschwammen, während ich sie las, nicht weil sie unklar waren – sondern weil er mir gegenüber saß, als wäre das eine Art Test. Als wäre ich derjenige, der geprüft wird.

Ich öffnete das Dokument und starrte auf den Bildschirm, als würde er mir Antworten schulden.

Okay. Pressemitteilung. Klar und prägnant.

Ich schrieb. Kurze, knappe Sätze. Nur Fakten. Führungston. Ich las es zweimal durch, dann reichte ich es ihm zurück.

Er las schweigend, eine Augenbraue hob sich.

„Vage“, sagte er trocken. „Nochmal.“

Ich blinzelte. „Ja, Sir.“

Moment. Sir?

Ich sah ihn nicht an. Nahm einfach den Laptop und begann von Neuem, kämpfte gegen das Gewicht meiner eigenen Enttäuschung an.

Aus irgendeinem unnatürlichen Grund wollte ich – musste ich – diesen Mann beeindrucken. Und als seine intensiven blauen Augen einen Moment zu lange auf meinen verweilten, spürte ich es – dieses Verlangen nach seiner Anerkennung.

Ich atmete tief durch. Versuchte, mich zu konzentrieren. Immer noch bewusst seiner Blicke, machte ich mich an die Arbeit...

Version zwei: Professioneller. Mit einem gewissen Biss. Beruhigend für die Fans.

Die Luft zwischen uns veränderte sich, als er las – ruhig, gefasst, völlig unbeeindruckt – während ich da saß und versuchte, nicht an meinen Nägeln zu kauen.

„Unorganisiert.“

Mein Kiefer verkrampfte sich. Ich griff wieder nach dem Laptop, schweigend. Etwas zwischen Stolz und Panik – vielleicht durch Traumata ausgelöstem Instinkt – zitterte in meinen Händen.

Version drei: Ich goss mein verdammtes Herz hinein. Ein Zitat vom Cheftrainer. Eine Botschaft der Einheit. Es war solide. Es musste sein.

Er blinzelte nicht einmal.

„Unprofessionell.“

Meine Handflächen waren feucht. Mein Hals trocken. Die Kabine war eiskalt durch die Klimaanlage, aber mein Körper brannte.

Seine Augen blieben auf mir – ruhig, fokussiert. Als würde er mich studieren, nicht den Entwurf.

Warum fühlte sich seine Missbilligung wie eine Strafe an?

Mein ganzes Leben hatte ich unter dem Daumen meines Vaters gestanden – seinem Temperament, seinen Beleidigungen – aber nichts war je so unter meine Haut gekrochen wie das.

Warum zur Hölle fühlte sich die Ablehnung dieses Mannes an, als würde ich zerbrechen?

War ich wirklich so nutzlos?

Die Frustration verwandelte sich in etwas Tieferes – eng, atemlos, panisch.

„Ich – ich versuche es“, murmelte ich, fast den Atem anhaltend.

Er lehnte sich vor. Langsam. Bedächtig. Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter.

Und seine Stimme – tief, fest, verheerend….

„Atme, mein Junge.“

Die Worte trafen mich wie ein Schlag.

Ich erstarrte.

Diese Stimme. Dieser Satz. Dieser Name.

Mein Kopf wurde leer. Hitze schoss mir den Rücken hinunter.

Ich konnte ihn nicht ansehen.

Ich würde ihn nicht ansehen.

Er zog sich ohne ein weiteres Wort zurück. Dann nickte er zur Bestätigung.

„Du schreibst es noch einmal. Und diesmal machst du es richtig.“

Ich nickte ebenfalls, schweigend, versuchte mich daran zu erinnern, wie man seine Finger benutzt.

Irgendwo über Frankreich begann ich zu tippen.

Meine Hände zitterten immer noch.

Nicht wegen des Drucks.

Nicht wegen der Kälte.

Sondern wegen dem Klang seiner Stimme—

Und der Tatsache, dass ich für einen Moment bereit war, zu gehorchen.

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