Kapitel 6

Sebastian bewegte sich schließlich und packte ihr Handgelenk mit so viel Kraft, dass es beinahe zerbrach. "Scarlett, was genau hast du vor?"

"Nichts", antwortete sie, doch bevor sie weitersprechen konnte, riss Sebastian sie mit einem kräftigen Ruck hoch und warf sie aufs Bett.

"Du—" Sie versuchte, sich aufzusetzen, wurde aber von Sebastian fest zurückgedrückt. Seine Hand brannte wie ein glühendes Eisen an ihrer Taille und ließ sie erzittern.

"Hast du den Verstand verloren? Ediths Party beginnt gleich. Willst du nicht hingehen?"

Sie biss die Zähne fest zusammen, die blassgrauen Laken knitterten unter ihrem Griff.

Sebastian schob ungeduldig ihre Kleidung zur Seite, sein Gesichtsausdruck dunkel. "Warum so still jetzt?"

Scarlett schwieg.

Unterdessen hatte Edith enorme Anstrengungen in die Planung dieser Party gesteckt und war voller Vorfreude. Kurz bevor sie begann, eilte sie in ihren hohen Absätzen zum Dachboden, um Scarletts Vorbereitungen zu überprüfen.

Sie stieß die Tür auf und fand den Dachboden leer vor.

"Scarlett!" Edith warf ihre Handtasche fast zu Boden vor Wut. "Dieses kleine Flittchen ist tatsächlich abgehauen!"

Sie atmete tief durch, um ihren Zorn zu unterdrücken, und strich sich die Haare im Spiegel glatt. "Nach der Party wird sie dafür bezahlen!"

Als sie schließlich am Veranstaltungsort ankam, hatte sie ihr sanftes Lächeln wiedergefunden, als wäre die wütende Frau von vorhin eine völlig andere Person gewesen.

Die Party begann pünktlich, und die Gäste trafen nach und nach ein. Doch Sebastian, einer der Ehrengäste, war nirgends zu sehen. Edith stand inmitten der Menge und hielt ein Champagnerglas, ihr Lächeln wurde zunehmend angespannter.

"Edith, wo ist Sebastian?" fragte eine bekannte Gesellschaftsdame, ihre Stimme voller Neugier und Schalk.

"Er wurde durch geschäftliche Angelegenheiten aufgehalten." Edith zwang sich zu einem Lächeln, obwohl ihre Finger sich um das Glas verkrampften.

Flüstern breitete sich durch die Menge, und hin und wieder fielen Blicke voller Spekulation und Belustigung auf Edith.

Edith spürte, wie diese Blicke sie wie Nadeln durchbohrten und sie zunehmend unwohl fühlte. Sie nahm ihr Telefon heraus, um Sebastian anzurufen, zögerte jedoch, aus Angst, wieder diese seltsamen Geräusche zu hören. Sie konnte nur den Schein vor den Gästen wahren.

Gerade als sie kurz davor war, zusammenzubrechen, entstand am Eingang ein Tumult.

Sebastian war angekommen.

Er trug einen schwarzen Anzug und machte eine beeindruckende Figur. Trotz seines etwas zerknitterten Hemdkragens mit schwachen Weinflecken zog sein Eintreten sofort alle Blicke auf sich.

Ediths Augen leuchteten sofort auf, ihre vorherige Angst verschwand. Sie hob ihr Kleid und eilte auf ihn zu, griff nach seinem Arm. "Seb, du hast es endlich geschafft."

Doch ihre Bewegung erstarrte mitten in der Geste.

Denn einen Moment nach Sebastian erschien Scarlett in der Tür.

Sie trug ein schlichtes schwarzes Abendkleid, ihr langes Haar locker im Nacken zusammengebunden, was ihren schlanken Hals freilegte.

Ohne starkes Make-up schaffte sie es dennoch, mit ihrem auffallend schönen Gesicht in der Menge hervorzustechen—kühl und elegant wie eine Magnolie im Mondlicht.

Warum war sie hier? Und warum war sie direkt nach Sebastian angekommen?

Edith fühlte sich, als würde eine unsichtbare Hand ihr Herz zusammendrücken, ihr Gesicht wurde plötzlich blass.

Sie erinnerte sich an das suggestive Seufzen, das sie während ihres Telefonats mit Sebastian gehört hatte, und an die mysteriösen Weinflecken auf seinem Hemd. Ein absurder, aber erschreckender Gedanke drängte sich unkontrollierbar in ihren Kopf.

Edith grub ihre Nägel in ihre Handfläche, kaum in der Lage, den Hass in ihren Augen zu verbergen. Sie zwang sich, wegzusehen, und nahm Sebastians Arm.

„Seb, du bist da.“ Ihr Lächeln war noch süßer als zuvor. „Alle haben auf dich gewartet.“

Sebastian antwortete mit einem nichtssagenden Laut, sein Gesichtsausdruck neutral.

Als die Gäste dies sahen, drängten sie sich um das Paar und beglückwünschten sie.

„Herzlichen Glückwunsch, Herr Howard! Endlich verlobt!“

„Frau Seymour hat wirklich Glück. Ihr beide seid das perfekte Paar!“

„Wann ist die Hochzeit? Lasst es uns rechtzeitig wissen!“

Umgeben von Schmeicheleien strahlte Edith vor Glück.

Unterdessen stand Scarlett allein im Schatten der Terrasse, von allen übersehen, ein Glas Saft in der Hand, und beobachtete das Spektakel kühl.

„Alleine trinken?“ Chris erschien neben ihr und bot ihr eine Flasche Bier an. „Wie fühlt es sich an, zuzusehen, wie dein 'Sugar Daddy' jemand anderen heiratet?“

Scarlett warf ihm einen Blick zu. „Was machst du hier?“

„Wie könnte ich so ein Ereignis verpassen?“ Chris öffnete sein Bier und nahm einen Schluck, sein Blick schweifte über Sebastian, der von Bewunderern umringt war. „Schau ihn dir an, wie ein selbstgefälliger kleiner Bastard, der gerade Glück gehabt hat.“

Scarlett schwieg, wirbelte sanft ihren Saft, die Eiswürfel klirrten gegen das Glas.

Als er ihre Stille bemerkte, seufzte Chris. „Nimm es dir nicht zu Herzen. Sebastian verdient dich sowieso nicht.“

Scarlett blickte zu ihm auf und lächelte plötzlich. „Ich nehme es mir nicht zu Herzen. Ich finde das alles nur ziemlich amüsant.“

Chris wollte gerade antworten, als Ediths Stimme sie unterbrach.

„Scarlett, komm mal her.“ Edith hatte sich irgendwie aus der Menge gelöst und stand in der Nähe, mit einem höflichen Lächeln.

„Du verstehst dich doch gut mit Herrn Campbell, oder? Er hätte gerne etwas Whiskey. Hol doch bitte eine Flasche aus dem Spirituosenschrank.“

Scarlett sagte nichts und blickte zu Sebastian, der neben Edith stand.

Er betrachtete sie kalt, als wären sie völlig Fremde—vor nur einer Stunde hatte er noch von ihrem Körper Besitz ergriffen.

„Natürlich,“ stellte sie ihren Saft ab und ging zum Spirituosenschrank.

Chris packte ihren Arm und flüsterte: „Ignoriere sie.“

Scarlett schüttelte den Kopf und gab ihm ein Zeichen, sich keine Sorgen zu machen.

Sie wollte sie bloßstellen? Das würde ihr niemals gelingen.

Sie nahm eine Flasche Whiskey aus dem Schrank. Als sie an Edith vorbeiging, stolperte sie absichtlich und neigte die Flasche.

Bernsteinfarbene Flüssigkeit spritzte heraus, das meiste davon landete auf Ediths nagelneuem blassrosa Kleid.

Edith stieß einen schrillen Schrei aus, ihr Gesicht wurde sofort weiß. „Mein Kleid!“

Ihr Aufschrei zog die Aufmerksamkeit aller auf sich. Die zuvor laute Party verstummte, als alle Blicke auf sie gerichtet waren.

In der Verwirrung stieß Edith Scarlett, wodurch diese ein paar Schritte zurücktaumelte und beinahe fiel.

In diesem Moment streckte sich eine Hand aus und stabilisierte sie am Arm.

Es war Sebastian. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, aber seine stützende Hand war fest.

Es dauerte nur eine Sekunde, bevor er sich zu fangen schien. Er ließ sie sofort los und trat zurück, nahm wieder seine distanzierte Haltung ein.

Aber dieser kurze Moment der Unterstützung, von Edith beobachtet, stach wie ein Dorn in ihr Herz.

„Es tut mir so leid, Edith,“ richtete sich Scarlett auf, zeigte perfekt kalibriertes Bedauern in ihrem Gesicht, obwohl in ihren Augen ein Hauch von Schalk aufblitzte. „Es war nicht absichtlich—ich habe das Gleichgewicht verloren. Ist dein Kleid in Ordnung? Soll ich dir helfen, es zu reinigen?“

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