Kapitel 8
Sie kämpfte, um sich aufzusetzen, und stellte fest, dass sie ein übergroßes Männerhemd trug, das gerade ihre Oberschenkel bedeckte. Der vertraute Duft von Zedernholz umgab sie und ließ sie instinktiv anspannen.
Aus dem Wohnzimmer kam das sanfte Klappern von Tastaturtasten. Dem Geräusch folgend, sah Scarlett Sebastian auf der Couch sitzen, mit einem Laptop auf den Knien, vertieft in seine Arbeit.
Morgenlicht strömte durch die bodentiefen Fenster und betonte seine starke Silhouette und das konzentrierte Profil. Sein Kiefer war angespannt, sein Ausdruck unlesbar.
Eine erdrückende Spannung lag in der Luft.
Scarlett schob die Decke zurück und stieg aus dem Bett, ihre nackten Füße trafen auf den kalten Marmorboden. Sie ging zur Tür des Wohnzimmers und hielt inne. „Warum hast du mich gerettet?“ Ihre Stimme war heiser vom Schlaf.
Sebastians Finger zögerten auf der Tastatur, aber er schaute nicht auf. Sein Ton war so beiläufig, als würde er über das Wetter sprechen: „Du gehörst mir. Niemand sonst darf anfassen, was mir gehört.“
„Dir?“ Scarlett lachte bitter. Sie war dumm gewesen zu denken, er hätte sie aus echter Sorge gerettet. Natürlich – er stand kurz davor, sich mit ihrer Schwester zu verloben. Sie zu retten war nur ein weiterer Ausdruck seiner kontrollierenden Natur.
Ihre Beziehung war immer so gewesen: Er dominierte, tat, was ihm gefiel, behandelte sie wie eine Puppe, mit der er nach Belieben spielen konnte.
Ein selbstironisches Lächeln umspielte ihre Lippen. „Wie schmeichelhaft, Mr. Howard. Hast du vergessen? Du wirst dich bald mit Edith verloben. Hast du keine Angst, dass deine Verlobte von deinem schmutzigen kleinen Geheimnis erfährt?“
Sie trat näher, sah ihm direkt in die Augen. „Oder findest du es aufregend, beide Schwestern gleichzeitig zu haben? Ekelst du dich nicht selbst, Sebastian?“
Ihre letzten Worte waren wie vergiftete Nadeln, die durch den letzten Rest ihrer Vorwände stachen.
Sebastian hörte endlich auf zu tippen und schloss seinen Laptop. Langsam sah er auf, seine Augen tief und kalt wie ein gefrorener See, nichts verratend. Er stand auf und ging auf sie zu.
Seine große Gestalt überragte sie mit überwältigender Intensität und warf einen Schatten auf sie. Scarlett wich instinktiv zurück, fand sich jedoch an der kalten Wand wieder, ohne einen Ausweg.
Sebastian streckte die Hand aus und griff sanft, aber bestimmt ihr Kinn. Sein Daumen strich über ihre Unterlippe, als er mit tiefer Stimme sprach: „Ich habe dir gesagt, niemand wird es erfahren.“
Sein Atem war nah, trug den vertrauten Zedernholzduft, gemischt mit einem Hauch von Tabak, was Scarletts Herz stolpern ließ. Sie versuchte, sich abzuwenden, aber sein Griff wurde fester.
„Lass mich los“, sagte sie durch zusammengebissene Zähne, ihre Stimme verriet ein leichtes Zittern.
Doch seine andere Hand glitt bereits unter das lose Hemd und ruhte auf ihrer Taille, während er noch näher rückte.
In diesem Moment klingelte Sebastians Telefon. Er ließ ihr Kinn los und nahm den Anruf entgegen, ohne zurückzutreten.
Er machte keine Anstalten, das Gespräch vor Scarlett zu verbergen, sein Ton wechselte sofort zu kalten Befehlen. „Säubert es gründlich. Mr. Campbell? Lassen Sie ihn noch ein paar Tage im Krankenhaus, damit er über seine Entscheidungen nachdenken kann.“
Er hielt kurz inne. „Machen Sie sich keine Sorgen um die Familie Seymour. Ich kümmere mich selbst um sie.“
Er beendete das Gespräch in wenigen knappen Sätzen, die Kälte war noch nicht aus seinem Gesicht gewichen, als er sich wieder Scarlett zuwandte, erneut undurchschaubar.
Scarlett sah ihn an und fand plötzlich alles absurd. Die Art, wie er mit Lucas umging, war wie das Zerquetschen einer Ameise unter seinem Schuh. Aber was bewies das wirklich? Dass er sich um sie kümmerte?
Er wusste genau, dass die Familie Seymour hinter allem steckte, doch er ging nur gegen Lucas vor, ohne die Seymours anzutasten.
Sie war nicht mehr das naive Mädchen von vor fünf Jahren. Sie ließ sich nicht von solchen kleinen Gesten täuschen.
„Ich sollte gehen“, sagte sie, drehte sich um und ging ins Schlafzimmer, um ihre Kleidung zu holen.
Sebastian blieb stumm und beobachtete, wie sie sich zurückzog.
Scarlett fand ihr Kleid im Schlafzimmer, zerknittert von der achtlosen Behandlung. Sie zog das Hemd aus und schlüpfte zurück in ihre eigenen Kleider, wobei der erdrückende Druck etwas nachließ.
Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrte, lehnte Sebastian auf dem Sofa, eine Zigarette zwischen den Fingern, Rauch verschleierte seine Miene. Er sah zu ihr auf, sein Blick fiel auf ihr altes Kleid. Seine Stirn runzelte sich fast unmerklich.
„Nimm es.“ Er zog eine schwarze Karte aus seinem Portemonnaie und warf sie auf den Couchtisch vor ihr. „Kauf dir anständige Kleidung. Hör auf, dich zu kleiden, als hättest du sie aus einer Altkleidersammlung.“
Scarlett starrte auf die Karte, deren goldene Prägung im Licht beleidigend glänzte. Sie rührte sie nicht an. Stattdessen begegnete sie seinem Blick mit leiser, aber unmissverständlicher Entschlossenheit. „Nein, danke. Ich habe mein eigenes Geld.“
Damit drehte sie sich um und ging ohne einen Blick zurück.
„Scarlett“, rief Sebastian ihr nach.
Sie hielt nicht an, öffnete die Tür und trat hinaus.
Als sie in die Nähe der Seymour Villa kam, war Chris' Auto am Straßenrand geparkt.
Als er Scarlett sah, stieg er sofort aus und eilte besorgt auf sie zu. „Geht es dir gut? Als ich gestern dort ankam, warst du schon weg. Ich habe immer wieder angerufen, aber dich nicht erreicht. Ich hatte solche Angst.“
Scarlett schüttelte den Kopf und ging zur Beifahrerseite, öffnete die Tür und setzte sich hinein. Der vertraute Zitronenduft im Auto ließ ihre angespannten Nerven endlich etwas entspannen.
„Es tut mir leid, dass ich dir Sorgen gemacht habe“, sagte sie mit heiserer Stimme vor Erschöpfung.
„Was ist passiert?“ fragte Chris, seine Wut kaum zurückhaltend. „Waren es Brianna und Edith? Ich wusste, dass sie nichts Gutes im Schilde führten!“
Scarlett schwieg einen Moment, bevor sie leise sagte: „Sebastian hat mich gerettet.“
Chris' Hände verkrampften sich am Lenkrad. Er warf ihr einen Blick zu, die Stirn gerunzelt. „Er?“
„Ja.“ Scarlett lehnte sich gegen den Sitz und schloss die Augen. „Er war zufällig da.“
Chris schwieg, und das Auto füllte sich mit einer unangenehmen Stille.
Scarlett atmete aus und zwang sich zu einem Lächeln. „Komm schon, warum das ernste Gesicht? Mir geht es doch gut, oder? Ich sollte jetzt gehen.“
Als sie aussteigen wollte, hielt Chris sie auf. „Scarlett“, sagte er ernst, „verlass die Seymour Villa. Komm mit mir – zur Rennstrecke, ins Ausland, irgendwohin. Es muss besser sein als hier zu leiden.“
Scarlett fühlte eine Wärme in ihrer Brust bei der Aufrichtigkeit in seinen Augen. Sie schüttelte den Kopf mit einem kleinen Lächeln. „Noch nicht. Lass uns noch ein wenig warten.“
Sebastian war immer noch mit ihr verstrickt und würde sie nicht so leicht gehen lassen. Wenn Chris sich einmischte, könnte er wie Lucas enden. Sebastian war zu allem fähig. Sie konnte Chris nicht gefährden.
„In Ordnung, aber versprich mir – wenn irgendetwas passiert, ruf mich sofort an. Keine weiteren Risiken wie dieses.“
„Ich verspreche es.“ Scarlett nickte, öffnete die Tür und stieg aus.
Sie wartete, bis Chris' Auto um die Ecke verschwunden war, bevor sie sich umdrehte und die Seymour Villa betrat.


















































































