Kapitel 1: An ein Monster gebunden

Die Uhr schlug nach Mitternacht.

Elena lag fest schlafend, ihr Körper unter den weichen Decken zusammengerollt, endlich der Erschöpfung des Tages nachgebend. Alles, was sie wollte, war ein Moment des Friedens. Ein Atemzug. Eine Nacht ohne Angst.

Doch Frieden war ein Luxus, den sie nicht mehr besaß.

Ein plötzlicher Druck drückte auf ihre Brust, ein schweres Gewicht zwang sie in die Matratze. Ihre Augen rissen auf, Panik erfüllte ihre Brust, als sie versuchte zu atmen. Und dann sah sie sie, zwei durchdringende, eisblaue Augen, die im Dunkeln auf sie herabblickten, glühend mit etwas Unlesbarem.

Sie brauchte kein Licht, um zu wissen, wer es war.

Sie kannte diesen Duft. Diesen Atem. Diese Berührung.

Ihr Ehemann.

Dario Moretti.

„Warum trägst du Höschen?“ Seine Stimme war ein leises Knurren in ihrem Ohr, ruhig, aber tödlich. „Hast du vergessen, was ich dir gesagt habe, Liebling? Du sollst bereit für mich in diesem Bett sein.“

Ein Schauer lief Elena den Rücken hinunter. Sie wollte sprechen, erklären, aber die Angst raubte ihr die Stimme.

Sie hatte es vergessen.

Sie war so müde. So übel. Ihr Körper hatte seit Tagen geschmerzt, ihr Kopf unaufhörlich gepocht. In dem Moment, in dem sie sich hinlegte, war sie ohne einen zweiten Gedanken eingeschlafen.

Aber Ausreden bedeuteten Dario nichts, nicht wenn er in dieser Stimmung war.

Der rücksichtslose Mafia-König von Westitalien, Dario wurde von allen gefürchtet. Gutaussehend. Reich. Unantastbar. Und kalt wie der Tod. Menschen, die sich mit ihm anlegten, bekamen keine zweiten Chancen, sie wurden begraben.

Und Elena?

Sie war seine Frau.

Nicht aus Liebe oder Wahl. Sondern aus Zwang, eine arrangierte Ehe aus Pflichtgefühl.

Er heiratete sie nur, weil sein mächtiger Großvater es verlangte. Der alte Mann schuldete Elena sein Leben, sie hatte ihn einmal gerettet, und im Gegenzug hatte er sie als Darios Braut ausgewählt. Als Dario sich weigerte, wurden sein Erbe und das gesamte Moretti-Imperium bedroht.

Dario gehorchte. Aber er vergab nie.

Für ihn war Elena nichts weiter als eine Last. Eine Goldgräberin. Ein Makel an seinem Stolz. Und er ließ sie das nie vergessen.

Er schwebte jetzt nackt über ihr, seine Wärme drückte gegen ihre kalte Haut. Ihr Körper versteifte sich. Sie war nicht bereit. Sie wollte das nicht. Nicht heute Nacht.

Aber es war ihm egal.

Ohne Vorwarnung riss er ihr das Höschen weg und drang mit einem groben, brutalen Stoß in sie ein.

„Ah!“ Elena schrie auf, der Schmerz war sofort, scharf und unerbittlich.

„Verdammt, du bist so trocken“, knurrte Dario, sein Ekel war deutlich.

„Und wie oft habe ich dir gesagt, dass du dich vor dem Schlafengehen waschen sollst? Du stinkst nach Schweiß und Gewürzen. Was machst du den ganzen Tag, kochst du für Geister?“

Seine Beleidigungen schnitten tiefer als seine Handlungen. Aber Elena hatte gelernt, nicht zusammenzuzucken. Nach drei Jahren dieser lieblosen Ehe war ihr Herz verhärtet. Doch tief in ihrem Inneren hielt ein zerbrechlicher Teil von ihr an einem törichten Traum fest, dass er sie eines Tages vielleicht mit etwas anderem als Hass ansehen würde.

Aber Träume wie dieser überleben nicht lange in einem Käfig.

Sie drehte den Kopf weg, verbarg die Tränen, die ihre Augen bedrohten.

Doch plötzlich änderten sich seine Handlungen. Dario senkte seinen Kopf in ihren Nacken, inhalierte ihren Duft, als würde er ihn beruhigen. Seine Finger bewegten sich sanft über ihre inneren Oberschenkel, streiften ihre empfindliche Stelle in langsamen, bewussten Kreisen.

Ihr Körper verriet sie. Ihr Atem stockte. Ein leises Stöhnen entwich ihren Lippen.

„Ah… Dario…“

Er erstarrte.

„Was hast du gerade gesagt?“ Seine Stimme senkte sich zu einem gefährlich leisen Flüstern.

„I-Ich entschuldige mich, Herr Moretti,“ stammelte sie und korrigierte sich sofort.

Er hatte ihr verboten, ihn beim Namen zu nennen. Nur seine Familie und vertrauenswürdige Verbündete hatten dieses Recht.

„So ist es besser,“ zischte er. „Erinnere dich an deinen Platz.“

Er brachte seinen Finger an seine Lippen und schmeckte sie. „Widerlich,“ murmelte er.

Doch er leckte ihn trotzdem sauber.

Der Widerspruch drehte sich in ihrem Magen.

Sie hasste ihn.

Sie hasste, dass ihr Körper auf seine Berührungen reagierte. Sie hasste, wie er sie beleidigte und trotzdem nicht von ihrem Bett fernbleiben konnte. Sie hasste die Scham, die Demütigung, den Schmerz.

Und doch lag sie dort, machtlos, atemlos und versuchte, nicht zu weinen.

Seine Augen trafen ihre, unergründlich. Für einen Moment glaubte sie, etwas zu sehen. Weichheit? Sehnsucht? Aber es verschwand so schnell, wie es gekommen war.

Er stieß wieder in sie hinein, und seine Lippen drückten sich mit einem Hunger auf ihre, der sie verwirrte.

Es war keine Liebe.

Es konnte keine sein.

Dario hatte jede Nacht Sex mit ihr, ob sie wollte oder nicht. Ob sie erschöpft oder krank war, er nahm, was er wollte, und ließ sie leer zurück.

Er hasste sie… oder nicht?

Und doch konnte er keine Nacht ohne sie verbringen.

War es Verlangen? Besessenheit? Kontrolle?

Was auch immer es war, es machte ihr mehr Angst als Hass je könnte.

Heute Nacht war er anders. Langsamer. Bedachter. Das erschreckte sie.

„Warten Sie, Herr Moretti…“ keuchte sie, ihre Stimme brach.

Er stöhnte. „Was jetzt?“

„Bitte… seien Sie heute Nacht sanft,“ flüsterte sie, ihre Stimme zitterte.

Er schnaubte. „Was ist heute Nacht so besonders?“

„Ich… mir geht es nicht gut.“

Er packte ihr Kinn und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Für einen Herzschlag wurden sie nur ganz leicht weicher und verwandelten sich dann wieder in Stein.

„Ein neuer Trick, hm?“ sagte er kalt.

Elena antwortete nicht.

Er warf ihre Beine über seine Schulter und glitt tiefer hinein, bewegte seine Hüften mit langsamer Grausamkeit.

„Ich genieße es, dich in Schmerzen unter mir zu sehen,“ flüsterte er mit einem dunklen Lächeln.

Tränen liefen lautlos über ihre Wangen.

Sie blieb still. Stumm. Eine leblose Puppe.

Doch Dario war zum ersten Mal sanft. Er berührte sie anders. Er hörte nicht auf, bis sie zerbrach. Bis ihr Körper sie wieder verriet.

Sie kam zum Höhepunkt. Sie hasste es.

Er kam in ihr. Nicht einmal, sondern dreimal.

Zwei Stunden später brach er erschöpft neben ihr zusammen.

Sie schob seinen schweren Körper zur Seite, bewegte ihn sanft weg.

Und dann… starrte sie an die Decke, ihr Herz raste.

Sie war schwanger.

Der Test, den sie am Morgen gemacht hatte, war immer noch in der Schublade versteckt. Zwei Linien. Positiv.

Sie hatte ihre Periode verpasst. Die Übelkeit hatte sich verschlimmert. Es gab jetzt kein Leugnen mehr.

Ein neues Leben wuchs in ihr.

Eine Mischung aus Angst und Freude verwirrte ihre Brust. Aber eine Angst überwog alle anderen:

Wie würde Dario reagieren, wenn er es herausfand?

Er hatte ihr von Anfang an gesagt, dass er nie ein Kind mit ihr wollte.

Er würde es als Verrat sehen. Als Falle.

Sie erinnerte sich nicht einmal, wann sie eine Pille verpasst hatte oder wann dieses Wunder geschah.

Aber trotzdem… ein winziger Funken Hoffnung flackerte in ihr.

Vielleicht… könnte dieses Baby alles verändern.

Vielleicht könnte es ihn verändern und das könnte auch sie retten.

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