Kapitel 3 Begegnung mit Killian

Zoes Standort war noch nicht aktualisiert worden, und die Situation war weiterhin unklar. Lena wollte einfach nur so schnell wie möglich zur East Side gelangen.

Doch bevor sie einen Schritt machen konnte, ertönte eine scharfe weibliche Stimme hinter ihr.

„Halt!“

Es war Isabella.

Isabella stolzierte in ihren hohen Absätzen herüber und strich leicht über die Stelle an ihrem Kleid, die abgerieben war.

Ihre roten Lippen formten ein Lächeln, das ihre Augen nicht erreichte. „Fräulein, es scheint, als ob Ihre Kinder nicht wissen, wie man aufpasst, wohin man geht.“

Lena hob nicht einmal eine Augenbraue, ihr Blick war auf den Ausgang gerichtet. „Max, nimm Jade und Liam zum zweiten Ausgang und wartet dort auf mich.“

Als die drei Kinder gehen wollten, trat Isabella elegant zur Seite, ihr hoher Absatz blockierte präzise Jades Weg.

Sie wandte sich mit einem spielerischen Schmollmund zu Killian. „Killian, sind Kinder heutzutage immer so unhöflich?“

Als sie sah, dass Killian nicht weit entfernt ausdruckslos dastand, wurde Isabella noch mutiger.

Sie beugte sich zu Liam hinunter und sprach in einem Flüsterton, der laut genug war, dass alle um sie herum es hören konnten. „Kleiner, man sollte sich entschuldigen, wenn man jemanden anrempelt. Aber... vielleicht hat dir deine Mama das nicht beigebracht?“

Jade drehte sich plötzlich um, ihre obsidianfarbenen Augen starrten direkt auf Isabella. „Frau, wir haben uns bereits entschuldigt.“

„Frau?“ Isabellas Lächeln gefror auf ihrem Gesicht, ihre manikürten Nägel gruben sich unbewusst in den Riemen ihrer Tasche.

Sie richtete sich auf und zeigte einen mitleidigen Ausdruck zu Killian. „Ihr macht etwas falsch, aber tut so selbstgerecht. Aber na ja, wie die Mutter, so das Kind.“

Jades kleines Gesicht spannte sich an. „Du kannst nicht so über meine Mama reden!“

Sein Ton war klar und fest, ohne einen Hauch der üblichen Scheu eines Kindes.

Isabella bedeckte ihren Mund mit einem süßen, widerlichen Lachen. „Kleiner, ich sage nur die Wahrheit.“

Sie warf den drei Kindern einen bedeutungsvollen Blick zu. „Aber ihr drei seht euch nicht sehr ähnlich... verschiedene Väter, vielleicht?“

Sie glättete elegant ihr Kleid und fuhr in einer Stimme fort, die laut genug war, dass jeder sie hören konnte. „Fräulein, ich verstehe die Schwierigkeiten, eine alleinerziehende Mutter zu sein, aber Kinder brauchen eine ordentliche Erziehung.“

Sie hielt inne und fügte dann hinzu: „Schließlich... kann nicht jeder so tolerant sein wie ich.“

Liams Augen verengten sich, seine Finger zuckten, aber Lena hielt ihn sanft zurück.

„Liam“, sagte Lena.

Für andere mochte es so aussehen, als mache sie sich Sorgen um ihr Kind, aber in Wirklichkeit wollte sie nicht, dass Liam zu sehr auffiel und zum Ziel wurde.

Isabella nahm die Szene in sich auf, ihre roten Lippen formten ein bedeutungsvolles Lächeln.

„Alleinerziehende Mütter haben es heutzutage schwer“, sagte sie und musterte die drei Kinder. „Drei Kinder allein großzuziehen muss erschöpfend sein, oder?“

„Ach, übrigens, es ist ziemlich beliebt, solche inspirierenden Geschichten online zu teilen.“ Sie erinnerte sich plötzlich an etwas und holte elegant ihr Handy aus ihrer Tasche und wedelte damit. „Wie wäre es, wenn ich ein Familienfoto von euch mache? Der Titel könnte sein ‚Starke Mutter und ihre drei kostbaren Kinder‘.“

Lenas Finger zuckten endlich, ihre unterdrückte Wut drohte fast auszubrechen.

In diesem Moment kam eine Stimme durch ihr Ohrstück.

„Frau Voss, Miss Zoe Voss ist sicher. Sie wurde gesichert, und wir räumen die Szene jetzt.“

„Gut, ich habe hier eine Situation. Ich werde gleich da sein.“

Sie nahm das Ohrstück ab, richtete sich langsam auf und ließ ihren Blick ungeduldig über Isabellas Gesicht schweifen.

„Alleinerziehende Mutter?“ Wiederholte sie den Begriff sanft, ein Ring erschien an ihrem Finger und drehte sich langsam. „Frau Cullen, haben Sie ein Problem mit dieser Identität?“

Isabella spürte einen Schauer unter Lenas Blick, zwang sich jedoch, ihr Kinn zu heben. „Ich stelle nur die Fakten fest. Jemand wie Sie...“

„Jemand wie ich?“ Lena trat plötzlich vor, ihre Bewegungen waren anmutig, doch Isabella trat instinktiv zurück.

Sie beugte sich leicht vor und sprach in einer Stimme, die nur die beiden hören konnten. „Frau Cullen, wissen Sie, warum Ihr Couture-Kleid zerknittert ist?“

Isabella war verblüfft und sah auf ihr Kleid hinunter.

„Weil es aus dem letzten Jahr stammt.“ Lenas Finger strichen leicht über den Saum. „Die diesjährige neue Kollektion verwendet italienische importierte Seide für das Futter, nicht dieses... synthetische Mischgewebe.“

Isabellas Gesicht wurde sofort blass. „Du lügst! Das ist...“

„Das ist was?“ Lena trat vor, ihre subtile Bewegung ließ Isabella instinktiv zurückweichen.

Sie streckte die Hand aus, um Isabellas schiefen Kragen zu richten, die Geste scheinbar sanft, aber unnachgiebig fest. „Frau Cullen, Ihr Kragen ist zerknittert.“

Ihre Finger drückten leicht auf eine Stelle, was Isabella vor Schmerz zurückweichen ließ.

Im nächsten Moment riss das teure Seidenhemd plötzlich, eine feine Naht öffnete sich am Kragen.

Isabella bedeckte hastig ihren Kragen, ihr Gesicht bleich.

Lena trat zurück und hob eine Augenbraue. „Oh je, Frau Cullen, Sie sollten vorsichtiger sein. Dieses Hemd kostet Tausende.“

Ein leises Keuchen hallte um sie herum.

Isabella zitterte vor Wut, ihre sorgfältig manikürten Nägel gruben sich tief in ihre Handflächen.

Ihre Augen röteten sich, als sie den Kopf hob, um zu erwidern, aber eine Hand packte plötzlich ihr Handgelenk.

Der Griff war nicht stark, aber er trug eine unbestreitbare Kraft.

Killian bewegte sich endlich.

Er stand hinter ihr, eine Hand in der Tasche, die andere hielt ihre Aktion auf, ohne ihr einen Blick zu schenken.

„Isabella, das reicht.“ Sein Ton war ruhig, weder fragend noch anklagend. „Der Flughafen ist nicht der Ort für deine Wutausbrüche.“

Isabellas Gesicht wurde rot. „Aber sie—“

„Wir haben ein Meeting, zu dem wir müssen. Verzögere nicht den Zeitplan.“

Killian sah sie nicht noch einmal an, zog seine Brieftasche heraus, nahm ein paar Scheine und eine schwarze Metallkarte und ging zu Lena.

Er reichte ihr die Scheine und die Karte, seine Handlungen so routinemäßig wie die Bearbeitung einer Kundenbeschwerde, sein Ton so distanziert wie die Ansprache eines geringfügigen Unannehmlichkeiten.

„Entschuldigung für den Vorfall vorhin. Dies ist Entschädigung und Erstattung. Entschuldigen Sie, dass wir Ihre Zeit in Anspruch genommen haben.“

Killians Ton war ruhig und höflich, aber distanziert, als wäre sie nur eine unbedeutende Passantin.

Für ihn war der frühere Konflikt nur eine triviale Episode, leicht zu lösen mit ein paar Scheinen und einer einfachen Entschuldigung.

Lena stand still, blickte auf die Gegenstände, die er auf ihren Koffer gelegt hatte, als würde sie ein Stück Müll betrachten, ohne jegliches Gewicht.

„Vielen Dank, mein Herr.“

Sie sprach, ihr Ton leicht, aber klar.

„Aber leider brauche ich es nicht.“

Bevor Killian reagieren konnte, hob sie die Karte und die Scheine auf, ihre Finger drehten sie geschickt, ihr Handgelenk schnippte scharf.

Die schwarze Karte traf Isabellas Gesicht mit Präzision, die Scheine flatterten in der Luft, einige landeten ordentlich auf ihren zarten, aber leicht geschwollenen Wangen, einer klebte sogar an ihren Wimpern.

Isabella erstarrte, ihr Ausdruck wie jemand, der mit kaltem Wasser übergossen wurde, voller Schock und Verlegenheit.

„Ob dieses Geld wohl ausreicht, damit Frau Cullen sich ein neues Kleid kauft?“

Lena klatschte in die Hände und sprach gelassen.

„Nimm es. Nächstes Mal, wenn du Müll redest, sei bereit für die Konsequenzen.“

Damit griff sie nach ihrem Koffer, nahm Liams Hand und rief Jade und Max.

„Gehen wir, Kinder.“

Als sie gehen wollte, richtete Killian seine Manschettenknöpfe.

Der Bogen, den seine Hand in der Luft zeichnete, trug eine gewisse Vertrautheit.

Vor fünf Jahren, in jener verschneiten Nacht in Moskau, hatte der Mann mit der silbernen Maske seine Waffe mit der gleichen lässigen Geste auf sie gerichtet.

Im Mondlicht glänzte der schlangenförmige Ring an seinem schlanken Finger kalt, unheimlich passend zu dem Platinring an Killians kleinem Finger jetzt.

Ihr Atem stockte, ihre Schritte verlangsamten sich unwillkürlich, aber sie schüttelte schnell den Kopf.

Zu absurd. Der Leiter der Thorne Group, ein regelmäßiger Gast auf den Titelseiten von Finanzmagazinen, konnte unmöglich das gefürchtete „Dark River“-Mitglied im Dark-Web sein.

Außerdem fand diese Konfrontation um 3 Uhr morgens in den Vororten von Moskau statt, während das Wall Street Journal zeitgleich Fotos von Killian bei einer Wohltätigkeitsgala in New York veröffentlichte.

„Mama?“ Liam, der ihre Unruhe spürte, zog sanft an ihrer Kleidung.

Lena kehrte in die Realität zurück und blickte in Liams besorgte Augen.

„Es ist alles in Ordnung,“ sagte sie und strich Liam durch die Haare. „Wir holen jetzt Zoe ab.“

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