Kapitel 7 Rette die Babys

Um ein Uhr morgens stieß Lena die Tür auf.

Das alte Haus war wie immer, die Lichter brannten und der Wasserkocher auf dem Tisch war noch warm. Aber das Sofa war leer, und im Flur war kein Kinderlachen zu hören.

Ihre Augen verengten sich leicht, und ihre Bewegung, den Mantel auszuziehen, stockte.

„Max“, drückte sie den Kommunikationsknopf an ihrem Armband.

Nach einem Moment der Stille hörte sie das vertraute Atemgeräusch eines jungen Jungen durch ihren Ohrhörer.

„Mama, es tut mir leid.“

Max' Stimme war leise und voller Schuldgefühle. „Wir haben nicht auf dich gewartet. Ich habe Zoes Standort entschlüsselt und die Bewegungen des Ziels verfolgt, also… sind wir losgegangen.“

„Ich konnte Liam nicht aufhalten“, mischte sich Jades Stimme ein, ebenfalls entschuldigend. „Er hat sich zu schnell bewegt… ich hätte nicht erwartet, dass er so stürmt.“

„Wir haben einen Fehler gemacht“, sagte er leise. „Ich hätte nicht so unvorsichtig sein dürfen, und ich hätte Liam und Zoe auf keinen Fall in Gefahr bringen dürfen.“

Lena blieb still stehen, ihre Finger spannten sich langsam an.

Sie schalt sie nicht sofort, sondern fragte sanft: „Wo seid ihr jetzt?“

„Ostdistrikt, Lagerhaus B5. Ich habe dir den Standort geschickt.“

Zwanzig Minuten später, vor dem verlassenen Lagerhaus im Ostdistrikt.

Der Nachtnebel war dicht, und die Patrouillenlichter fegten in der Ferne über den Boden. Nur niedrig fliegende Drohnen glitten lautlos durch die Dunkelheit.

Lena versteckte sich hinter einem verlassenen Lastwagen und gab dem System einen Sprachbefehl: „Störgerät aktivieren.“

„Der Nebeneingang ist frei“, kam Max' Stimme durch den Ohrhörer. „Die Patrouillengruppe auf der Nordseite wurde verschoben; du hast acht Minuten, um sicher durchzukommen.“

„Ich decke den Hinterausgang ab“, fügte Jade ruhig hinzu. „Die Westseite des Lagerhauses B5 kann aufgebrochen werden, und der Lüftungsschacht ist ein alternativer Fluchtweg.“

Lenas Lippen pressten sich fest zusammen.

Die Kinder hatten gute Arbeit geleistet, aber sie wünschte, sie müssten diese Fähigkeiten nie anwenden.

Sie holte tief Luft und schoss aus ihrem Versteck hinter dem Lastwagen hervor, schnell von der Nacht verschlungen.

Drei Minuten später überquerte sie die Sicherheitszone und schlüpfte in den Lagerhausflur.

Die fünfte Seitentür war unverschlossen – das machte sie noch vorsichtiger.

Ihre Finger berührten den Türgriff und schoben ihn sanft auf.

Die Luft trug einen vertrauten Geruch – Blut, Staub und den Duft von Plüschtieren.

Im Inneren des Lagerhauses waren zwei Kinder in einer Ecke zusammengerollt.

Zoes Augen waren leer, sie hielt einen abgenutzten Hasen fest und sagte kein Wort.

Liam hatte eine Schramme am Körper und beschützte sie.

„Mama.“

Liams Stimme war kaum hörbar, als er sie sah, aber sein Rücken war gerade.

„Wir haben keinen Laut gemacht. Sie ist nicht stabil, und ich wollte sie nicht erschrecken.“

Das Lagerhaus war ungewöhnlich kalt, die Wände feucht und der Boden mit einer Staubschicht bedeckt.

„Ihr habt das gut gemacht.“

Lena hockte sich schnell hin, untersuchte ihren Zustand und öffnete ruhig ihre Tasche. Sie zog eine komprimierte Wärmedecke heraus und deckte sie zu, dann injizierte sie sanft eine Mini-Spritze in Zoes Arm.

„Ein Beruhigungsmittel, niedrige Dosis, es wird ihr nicht schaden.“

Ihr Ton war ruhig, ihre Sprache stetig, aber nur sie wusste, dass ihr Herz fast explodierte, als ihre Finger Zoes dünnes Handgelenk berührten.

Zoe blinzelte langsam, ihre Augen hohl, als hätte die Welt ihre Seele ausgesaugt.

Aber glücklicherweise war ihr Atem nicht mehr unregelmäßig. Sie schien eine vertraute Sicherheit zu spüren und lehnte sich leicht zu Lena hin.

„Lasst uns gehen.“

Lena hob Zoe hoch, ergriff Liams Hand und drehte sich um, um sich auf dem ursprünglichen Weg zurückzuziehen.

„Wir sind im Hauptflur“, drückte sie den Ohrhörer. „Jade, führe uns.“

Zu ihrer Überraschung verlief der gesamte Evakuierungsprozess reibungslos.

Das Patrouillenteam im Lagerhausbereich war völlig abwesend; niemand bewachte, niemand verfolgte, und selbst die Sensoren am Ausgang schienen absichtlich ausgeschaltet worden zu sein.

Erst als sie sicher ins Auto gestiegen und die letzte Straßensperre im Ostbezirk durchfahren hatten, runzelte Lena leicht die Stirn.

Etwas stimmte nicht.

Es war zu glatt verlaufen, sodass man fast einen Hinterhalt vermuten musste.

Sie schaute aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Nacht und ihre Gedanken rasten.

Gemäß den Verteidigungsmaßnahmen des Dunklen Flusses hätte es nicht so ruhig bleiben dürfen. Sie hätten die Leute nicht einfach so gehen lassen.

Aber in dieser Nacht, von ihrem Eindringen bis zu ihrer Evakuierung, vergingen volle zwanzig Minuten – keine Abfangversuche, keine Verfolgung, nicht einmal eine Warnung.

Es war, als hätte jemand absichtlich die Tür für sie geöffnet.

Warum ließ man sie absichtlich gehen? Was plante der Dunkle Fluss?

Lena wusste es nicht; Killian wusste es auch nicht.

Sein Instinkt sagte ihm, dass diese Kinder und diese Frau irgendwie mit seinen gelegentlichen Kopfschmerzen zu tun hatten.

Also zog er die Überwachung des Perimeters zurück und gab den Verfolgungsbefehl auf.

Aber es war nicht, weil Killian ein gutes Herz hatte; er wollte sehen, wer sie waren und warum er eine seltsame Vertrautheit verspürte, als er ihnen begegnete.

Am nächsten Morgen brachte Lena die Kinder ins Krankenhaus.

Zoes Zustand war letzte Nacht instabil gewesen, und auch heute Morgen war sie noch benommen. Ihr Nervensystem brauchte eine weitere Untersuchung.

Lena war besorgt, also brachte sie sie zu einer umfassenden Untersuchung.

Nach der Untersuchung sagte sie den Kindern, sie sollten am Eingang warten, während sie im Büro blieb, um mit dem behandelnden Arzt zu sprechen.

Der Arzt nahm Zoe zur Blutuntersuchung mit, und Lena erklärte gerade die Krankengeschichte dem Assistenztherapeuten, als plötzlich eine vertraute Stimme hinter ihr erklang.

„Bist du das?“

Lena schaute nicht auf.

Isabella trat ein, ihre hohen Absätze klackten, ihr Lächeln war süß, aber ihr Ton triefte vor Sarkasmus. „Du hast wirklich keinen Anstand... Vier Kinder und eine Mutter. Ich warne dich, du solltest deinen Platz kennen und nicht nach Dingen streben, die deiner Art nicht zustehen!“

Nachdem Killian an jenem Tag aufgelegt hatte, erreichten Isabellas Eifersucht und Wut ihren Höhepunkt.

Sie hatte ein Vermögen ausgegeben, um Killians Aufenthaltsort zu verfolgen, nur um überrumpelt zu werden. Glücklicherweise kam sie rechtzeitig an und ließ Killian glauben, sie hätten Liebe gemacht.

Aber in all den Jahren hatte Killian sie kein einziges Mal berührt!

Als sie diese Frau am Flughafen sah, stieg ihre instinktive Panik auf.

Der sonst so kaltherzige Killian hatte ihr Gnade gezeigt!

Sie konnte nicht zulassen, dass Lena mit mehreren Kindern eine Bedrohung darstellte!

Kaum hatte Isabella gesprochen, blieben die beiden Figuren an der Tür gleichzeitig stehen.

Lena holte tief Luft und entgegnete langsam: „Frau Cullen, Sie sind eine öffentliche Figur. Wenn jemand das aufzeichnet und an Ihre Markenpartner schickt, könnte das nicht gut aussehen. Wo ich lebe, ist meine Freiheit, und Sie müssen sich nicht an mich heften, um Aufmerksamkeit zu erregen.“

Isabellas Gesicht wurde puterrot vor Wut.

Aber sie wurde unterbrochen.

Liam nahm gehorsam Lenas Hand und schaute auf. „Mama, können wir später Hotpot essen?“

„Natürlich,“ lächelte Lena. „Ihr habt heute alle gut gemacht, Mama lädt ein. Was die Abrechnung angeht, darüber reden wir später.“

Lena hatte nicht die Absicht, sich mit Isabella zu verstricken, und wollte gerade gehen, als Isabella endlich reagierte und Lenas Ärmel packte.

„Bleib stehen!“

In diesem Moment öffnete sich die Tür in der Ecke leicht.

Drinnen stand ein Mann in einem lässigen Hemd mit fuchsartigen Augen am bodentiefen Fenster, eine Zigarette glimmte zwischen seinen Fingern.

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