Kapitel 7 Das Bankett
Der Bankettsaal im obersten Stockwerk des Vossshire war beleuchtet wie ein Weihnachtsbaum.
Die Luft war erfüllt von einem dichten Gemisch aus Parfüm, Zigarrenrauch und Essensdüften, was sie etwas stickig machte.
Ethan, gekleidet in einen maßgeschneiderten Anzug, stand aufrecht und gerade, seine übliche Lässigkeit war gedämpft, was ihm das Erscheinungsbild eines vornehmen jungen Gentlemans verlieh—sofern er den Mund hielt.
„Elara, lass dich nicht von diesen Leuten beeindrucken. Sie sind nur reich, nichts Besonderes. Siehst du den Typen da drüben im grauen Anzug?“ Ethan nickte in Richtung des Ehrentisches. „Das ist der Leiter der Stiftung meiner Familie, ein echter Pedant! Einmal hat er mich erwischt, wie ich ein Familienerbstück vorführte, und hat mich drei Stunden lang ausgeschimpft.“
Elara, gekleidet in ein schlichtes dunkelgrünes Kleid, nickte leicht. „Verstanden.“
Sie wusste, dass Ethans Unruhe sein Versuch war, sie sich wohler fühlen zu lassen, um ihr schnell Unterstützung zu verschaffen.
Sie folgte Ethan und mischte sich unter die älteren Herren, hörte den höflichen Worten zu.
Es waren nur Höflichkeiten, aber Elara spürte, wie sie sie ansahen, mehr aus Vermeidung wegen des Skandals um das Story Revival Atelier.
Niemand wollte dieses Thema ansprechen, besonders nicht in Ethans Gegenwart.
Elara blieb höflich, kommentierte beiläufig ein Stück Kandelaber in einer nahegelegenen Vitrine.
Ihre Stimme war leise, ihre Worte waren wenige, aber diejenigen, die Bescheid wussten, konnten erkennen, dass sie Kenntnisse hatte. Die Blicke der Führungskräfte wurden merklich ernster.
„Ist das die, die online im Trend liegt?“
„Ja, das ist sie! Ihr Vater hat Gemälde zerrissen und sie hat die Marke ruiniert, ein echter Doppelschlag!“
In der Ecke hob ein gut gekleidetes Paar absichtlich die Stimme gerade so weit, dass es herübertrug.
Ethans Gesicht verdüsterte sich, seine Fäuste ballten sich sofort.
Elara, unbeeindruckt, verstärkte ihren Griff um ihr Saftglas.
Bevor Ethan reagieren konnte, schwankte ein Mann in einem Paillettenanzug, der nach Alkohol stank, herüber und versperrte ihnen mit einem schmierigen Lächeln den Weg.
„Miss Voss!“ grinste Yuki Satou, seine Augen auf Elara gerichtet. „Was für ein seltener Gast! Ich habe gehört, Sie haben Ihren Job verloren?“
Yuki zog seine Worte in die Länge. „So ein Jammer, bei all Ihrem Talent... Warum schließen Sie sich nicht mir an? Vergessen Sie das Expertentum, heutzutage geht es um persönliche Markenbildung!“
Er streckte eine schmierige Hand aus, um Elara auf die Schulter zu klopfen. „Kommen Sie, ich kümmere mich um Sie. Besser als das Story Revival Atelier... Nennen Sie Ihren Preis, wie viel im Monat?“
Bevor seine Hand landen konnte, gab es einen lauten Knall!
Ethan, der Enthusiasmus vortäuschte, schob Yuki so kräftig, dass dieser mehrere Schritte zurückstolperte. „Mr. Satou, lange nicht gesehen!“
Yuki, einen Moment lang verdutzt, sah, dass es Ethan war. Die Wucht des Stoßes war offensichtlich, und er war sofort wütend.
„Ethan, du wagst es, mich anzufassen? Du...“
„Ethan!“
Elaras scharfe Stimme schnitt ein, als sie Ethans steinharten Unterarm packte und ihn zurückzog. Sie sah Yuki an und brachte ein schwaches Lächeln zustande, obwohl ihre Augen eisig waren.
„Mr. Satou, danke für Ihre Besorgnis. Der Vorfall im Story Revival Atelier wird von der Branche im Laufe der Zeit beurteilt werden. Die Wahrheit wird ans Licht kommen. Ich schätze Ihre guten Absichten.“
Yuki, überrascht von Elaras ruhigen Worten und Ethans Blick, wurde vor Wut rot.
In diesem Moment schien der gesamte Bankettsaal wie durch einen unsichtbaren Schlag still zu werden.
Das Summen der Gespräche, das Klirren der Gläser und das leise Lachen verstummten auf einmal.
Es war unheimlich still.
Alle Köpfe drehten sich wie von einer Schnur gezogen in dieselbe Richtung.
Zum Eingang.
Kieran war angekommen.
Ein paar Schritte hinter ihm war Jasper, den sie erst gestern getroffen hatten.
Gekleidet in einen schwarzen Anzug, schien Kieran in den Hintergrund zu verschwinden, und doch zog seine Anwesenheit alles Licht im Raum auf sich.
Mehrere Führungskräfte in der Nähe der Front klebten sich ein Lächeln ins Gesicht, begierig darauf, ihn zu begrüßen.
Kierans Blick glitt über sie hinweg, ohne anzuhalten, sein Schritt blieb ungebrochen, als wären sie unsichtbar.
Er ging geradeaus, seine Augen unfokussiert, aber präzise die Menge teilend, auf dem Weg zu Elara und Ethan.
Ethans frühere Heftigkeit erstarrte sichtbar. Er holte tief Luft, richtete sich auf und zwang sich zu einem ruhigen Ausdruck, seine Stimme ungewöhnlich ernst.
„Mr. Blackwood!“
Ethan mochte furchtlos sein, aber selbst er wusste, dass man der wahren Macht in Vossshire Respekt zollen musste.
Kierans Blick landete schließlich auf Ethan, hielt für eine Sekunde inne, bevor er kaum merklich nickte.
„Der Junge aus dem Craigmor-Clan, nicht schlecht.“
Seine Worte, tief und leise, wie ein Eiswürfel, der ins Wasser fällt.
Ethan war einen Moment lang verdutzt.
Die Augen der umstehenden Zuhörer richteten sich sofort anders auf ihn.
Dann wandte sich Kierans Blick Elara zu. Er sah sie an, seine tiefen Augen unverändert, und nickte leicht.
„Miss Voss.“
Ohne einen weiteren Blick ging Kieran an ihnen vorbei und setzte seinen Weg nach innen fort.
Als er fortging, schien die erstarrte Atmosphäre aufzutauen, und die vorsichtigen Gespräche begannen wieder.
Doch die spöttischen, prüfenden und leichtfertigen Blicke, die zuvor auf Elara gerichtet waren, wurden nun durch Unsicherheit und Vorsicht ersetzt.
Ethan atmete tief aus und spürte einen Schauer über seinen Rücken laufen.
Elara blieb gefasst, ihr Ausdruck gleichgültig, als hätte das alles nichts mit ihr zu tun. Sie hob sogar eine Augenbraue in Ethans Richtung, als wollte sie sagen: „Siehst du, ich habe dir doch gesagt, es ist in Ordnung.“
Bald darauf näherte sich Jasper, der Kieran gefolgt war.
Im Gegensatz zu seinem kühlen Auftreten gestern, sah er Ethan nun mit einem sanfteren Ausdruck an und sprach klar.
„Mr. Craigmor, Mr. Blackwood bat mich, eine Nachricht zu überbringen.“
Ethan richtete sich auf, seine lässige Haltung war verschwunden. „Nur zu.“
„Mr. Blackwood sagte, dass der Craigmor-Clan immer seinen Ruf in Vossshire hochgehalten hat. Junge Leute sollten nicht nur ihre eigenen beschützen, sondern auch ihre Grenzen kennen.“
Ethan war einen Moment lang verblüfft, dann verstand er die Botschaft.
Es war sowohl eine Anerkennung der Regelkonformität des Craigmor-Clans als auch eine subtile Rüge für seinen beinahe gewalttätigen Ausbruch, selbst wenn es eine stillschweigende Zustimmung zu seinem schützenden Verhalten gegenüber Elara andeutete, solange er im Rahmen blieb.
„Danke, bitte richten Sie Mr. Blackwood meinen Dank aus! Und danke für den Rat!“
Ethans Antwort kam schnell, sein Tonfall aufrichtig.
Jasper nickte leicht und ging, verschwand wieder in der Menge, um Kieran zu folgen.
Als Jasper ging, umringten die nahe stehenden Führungskräfte, die erstarrt gewesen waren, schnell Ethan. Ihr Fokus verlagerte sich von Elara auf Ethan.
„Mr. Craigmor! Was für eine seltene Ehre, Mr. Blackwoods Rat zu bekommen!“ Ein beleibter Immobilienmogul reichte Ethan seine Visitenkarte. „Lassen Sie uns in Kontakt bleiben!“
„Mr. Craigmor, mit der starken Basis Ihrer Familie und Mr. Blackwoods Lob, steht Ihnen eine glänzende Zukunft bevor!“ Ein anderer Bergbau-Manager stimmte ein. „Ich wollte schon immer Ihren Vater treffen. Können Sie uns bekannt machen?“
„Mr. Craigmor, ist das Ihre Freundin?“
„Miss Voss, es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen!“ Ein Kunsthändler, der zuvor den Skandal um das Story Revival Atelier gemieden hatte, trat nun mit einem schmeichelnden Lächeln näher. „Hier ist meine Karte. Wann können wir über einige hochwertige Restaurationsarbeiten sprechen?“
„Miss Voss, unser Unternehmen investiert auch in kulturelle Projekte. Hier ist meine Karte...“
Visitenkarten flogen wie Schneeflocken und landeten in Ethans Händen, aber alle waren an Elara gerichtet.
Elara eilte nicht, sie zu nehmen, sondern stand ruhig mit einem höflichen, distanzierten Lächeln.
Ihre ruhige Haltung ließ sie unter der schmeichelnden Menge hervorstechen und strahlte eine stille Stärke aus.
